Donnerstag, 13.07.2017
DARKEST HORIZON
Wie schon in den letzten Jahren, so findet auch dieses Jahr das Deutschlandfinale der Wacken Metal Battle auf der Halde Norddeutschland statt und die letzten beiden Finalisten treten gegeneinander an. Der erste davon ist DARKEST HORIZON. Die Sieger des Wacken Metal Battle Süd stammen aus Frankfurt und blasen uns Melodic Death Metal schwedischer Schule um die Ohren. Garniert mit den Growls von Sänger Aurelius weiß das durchaus zu gefallen und das sieht offenbar auch das Publikum so. Das Zelt ist gut gefüllt, obwohl ja noch längst nicht alle überhaupt angekommen sind. Bereits im vierten Song schafft es die Truppe, eine Wall Of Death zu produzieren/animieren, auch wenn die noch etwas verhalten ist. Dennoch gibt es erste Verluste beim Publikum, doch man ist ja anständig und so wird das Fundstück Uhr zur Bühne gebracht, und Sänger Aurelius macht das Fundbüro, so dass die Uhr schnell wieder zu ihrem Besitzer zurückfindet. Und dann sammelt er gleich noch einmal Sympathiepunkte, als er das Publikum bittet, die nächste Band doch bitte genauso abzufeiern wie sie selbst, da auch diese ja ihr ganzes Herzblut in die Musik stecke. Das Abfeiern kommt bei DARKEST HORIZON auch nicht zu kurz, auch wenn die Band das mit dem Synchronbangen und –posen noch etwas üben muss. Saufen möchte man auch gerne mit den Zuschauern und zum Abschluss des Auftritts gibt es auch noch Flitterglitter aus der Handfeuerwaffe. Da hat man die Zugaberufe schon sicher. Eine Zugabe gibt es aber leider trotzdem nicht, da man der zweiten Band die gleichen Chancen einräumen möchte. DARKEST HORIZON waren ein sehr gefälliger Einstieg ins Festival und machen es den folgenden DETRAKTOR wirklich nicht leicht.
Setlist DARKEST HORIZON:
A Universe Reborn
A Thousand Dreams
-
Skybreaker
-
Ad Astra


DETRAKTOR
DETRAKTOR stammen aus Hamburg und sind die Gewinner der Wacken Metal Battle Nord. Von ihnen gibt es eine ordentliche Portion Thrash auf die Nüsse. DETRAKTOR fallen gleich durch eine Besonderheit auf, die ich immer etwas ungünstig finde: Der Drummer ist auch gleichzeitig der Sänger. Das verwirrt erst mal, denn man fragt sich dann zu Beginn doch immer, wo jetzt diese Stimme herkommt, bis man dann endlich mal geschnallt hat, dass der Typ hinter den Drums singt. Außerdem fehlt in solchen Fällen dann auch ein Anheizer; das müssen hier die Gitarristen übernehmen, genauso wie einige der Ansagen. Und das wirkt dann meistens doch eher improvisiert. Ich weiß, es ist sehr schwer, das gut umzusetzen. Warum man als deutsche Band auf einem deutschen Festival die Ansagen auf Englisch macht, das muss man jetzt auch nicht verstehen. Wahrscheinlich haben sich aber die nichtdeutschen Besucher drüber gefreut, also was soll’s? DETRAKTOR können nicht ganz so viele Zuschauer vor die Bühne ziehen wie DARKEST HORIZON und ich muss sagen, auch bei mir springt der Funke nicht so recht über, auch wenn die Band durch den Sänger an den Drums einen gewissen Exotenstatus hat. Wie schon bei den Frankfurtern so wird auch hier eine Zugabe gefordert, die aber hier genauso wenig drin ist. Ich hätte jetzt auch keine gebraucht.
Setlist DETRAKTOR:
Sunday Poem
Bloodbath
De-Nekk
Unleash The Traktor
Rejekt
Hold
B.S.P.I.


Ein Novum auf dem Dong Open Air: Dieses Mal bekomme ich mit, wer zum Sieger gekürt wird (keine Ahnung, wie das all die Jahre davor immer verkündet wurde). Dieses Mal jedenfalls betritt die Jury die Bühne und verkündet den Sieg von DETRAKTOR. Auch wenn ich keine persönlichen Sympathien für eine der beiden Bands empfinde, so muss ich doch sagen, dass ich etwas enttäuscht bin, denn DARKEST HORIZON hatten mir doch deutlich besser gefallen, sowohl musikalisch als auch vom Stageacting her. Aber das habe ich ja nicht zu entscheiden, darum sei’s drum.
MESSIAH’S KISS
Die erste Band, die dann außerhalb der Wacken Metal Battle das diesjährige Dong Open Air eröffnet ist MESSIAH’S KISS, deren Mitglieder aus New York, Nottingham und Dinslaken stammen. Auf die Ohren gibt es schönen harten Power Metal mit einer guten Brise Speed Metal. Die Band lebt ihre Musik und post, als gäbe es kein Morgen. Der Band gelingt es spielend, das Publikum, das gerne etwas zahlreicher hätte ausfallen dürfen, zum Mitmachen zu animieren. Obwohl mir der Fünfer echt gut gefällt, meldet sich allmählich der Magen und ich muss mir mal was zu essen reinziehen. Idealerweise vom Veganstand („Das ist super, ich kann hier arbeiten und dabei Bands gucken!“). Und während ich da so gemütlich kauend in der Gegend stehe, covern MESSIAH’S KISS mal eben „It’s No Good“, einen meiner Lieblingssongs von DEPECHE MODE. Boah! Ihr habt das doch gewusst! Ihr habt nur gewartet, bis ich endlich weg bin. Voll gemein! Denn die Version der Truppe finde ich gar nicht mal so übel. So live auf dem Festival jetzt. Auf Platte werde ich vermutlich wieder zum Erbsenzähler, denn die Interpretation von MESSIAH’S KISS ist zwar härter als das Original, kann jedoch die böse Grundstimmung nicht so gut rüberbringen. Der Cleangesang ist nicht soo gut, die Schreie passen nicht, aber ich find’s trotzdem schön. Hier und jetzt und live kommt der Song einfach gut. MESSIAH’S KISS machen live Spaß, können mich aber doch nicht so sehr überzeugen, dass ich mir eine Platte der Band kaufen würde.
Setlist MESSIAH’S KISS:
Light In The Black
Without Forgiveness
Nobody knows Your Name
Rescue Anyone
Babylon
Prayer For The Dying
Time To Say Goodbye
It’s No Good (Depeche Mode Cover)
Whisper A Prayer
Dragonheart


SISTERS OF SUFFOCATION
Die nächste Band dürfte ein Novum auf dem Dong Open Air sein. Gab es hier schon Jahre, in denen gerade mal eine einzige Frau unter den Musikern aller auftretenden Bands zu finden war, so sind die SISTERS OF SUFFOCATION meines Wissens die erste rein weiblich besetzte Band, die je hier aufgetreten ist. Aus den Niederlanden kommen die Schwestern, und dass ihnen der Sinn nicht nach Barbiepuppen oder seichtem Gesäusel steht, das machen sie von der ersten Sekunde an klar. Mit fiesen Growls und derbem Death geht es hier dem Publikum an den Kragen. Sängerin Els kann aber nicht nur übel growlen, sondern auch genauso zuckersüß singen, wie sie aussieht. Das Zelt ist gut gefüllt, das Publikum geht ordentlich mit und erwartungsgemäß haben die Schwestern viele Landsleute zu ihrer erst zweiten Show in Deutschland mitgebracht. Bei kaum einer anderen Band hört man so oft holländisch neben sich wie hier. Etwas eigen ist jedoch auch das Bühnenoutfit der Sängerin. So ist Els weder in Schuhen, noch barfuß unterwegs, sondern hüpft in Strümpfen über die Bühne, was manchmal doch eine ganz schön rutschige Angelegenheit ist, bei der man sich fragt: Warum? Was die vier Mädels hier abliefern, ist echt nicht schlecht, mir persönlich auf die Dauer dann doch zu stumpf und eintönig. Ein Großteil des Publikums sieht das anders und so wird am Ende noch eine Zugabe gefordert.
Setlist SISTERS OF SUFFOCATION:
Shapeshifter
Host Of A Dead Fetus
This Is Not My Home
I Swear
Brutal Queen
Limb From Limb
The Hunger
I Am Danger
Psycho Surgery
Our Bodies Will Rot (Zombie Party!)
Boundaries


VULTURE INDUSTRIES
Und dann kommt auch schon mein persönliches Highlight des Tages, eine der Bands, auf die ich mich am meisten gefreut habe: Die Norweger VULTURE INDUSTRIES sind mittlerweile schon zum dritten Mal auf dem Dongberg zu Gast und wer die Band schon einmal gesehen hat, der weiß: Das wird großartig. Die Norweger haben sich auf dem Dong mittlerweile ihre eigene Fanbase erspielt und die drängt sich nun vor der Bühne. Wobei es für meinen Geschmack schon etwas mehr Zuschauer sein dürften. Aber andererseits ist die Musik des Fünfers auch wieder so speziell, dass doch nicht jeder damit zurecht kommt. Wie dem auch sei, Sänger Bjørnar E. Nilsen beweist mal wieder von Anfang an, dass er einer der besten Frontmänner überhaupt ist. Jeder Quadratzentimeter der Bühne wird abgelaufen, keine Sekunde steht er still, egal ob er grade singt oder nicht. Musikalisch konzentriert man sich vor allem auf das noch aktuelle Album „The Tower“, was ich etwas schade finde, denn auf den anderen Alben gibt es ja auch gute Songs. Mit „As The World Burns“ gibt es einen Vorgeschmack auf das neue Album „Stranger Times“, aber auf die Frage, wer denn schon das Video dazu gesehen hat meldet sich außer mir kaum jemand. Schade. Eine Polonäse gibt es heute auch nicht, aber Bjørnar lässt es sich nicht nehmen, wie immer beim letzten Song stehend auf der Absperrung zu performen oder auch mal wie ein Derwisch durch den Fotograben zu stapfen. VULTURE INDUSTRIES konnten wieder einmal überzeugen und sind für mich nach wie vor eine der unterbewertetsten Bands.
Setlist VULTURE INDUSTRIES:
Intro
The Tower
The Pulse Of Bliss
As The World Burns
Lost Among Liars
The Hound


WORDS OF FAREWELL
WORDS OF FAREWELL sind langjährigen Dong-Besuchern längst ein Begriff, denn die Truppe schlägt bereits zum dritten Mal auf dem Berg auf. Und wie gewohnt gibt die Truppe von Anfang an Vollgas, so sehr, dass sich einer der Gitarristen beim Sprint von der einen zur anderen Bühnenseite mit dem Bremsweg verschätzt und auf dem Hosenboden landet. Aber scheiß drauf, dann wird eben im Liegen weitergespielt. Zum Aufrappeln bleibt ja später immer noch Zeit. Cooler Stunt auf jeden Fall. Das Publikum geht von Anfang an voll mit, nur bei der geforderten Wall Of Death ziert man sich noch etwas. Dennoch zahlt sich die ausgiebige Kommunikation zwischen Band und Publikum aus und der Sechser macht so richtig Spaß. Da kann auch das ein oder andere technische Problem nicht wirklich stören. Musikalisch konzentriert man sich auf das Material des aktuellen Albums „A Quiet World“, es gibt aber mit „The Great Escape“ auch einen Song vom ersten Album „Immersion“ auf die Ohren. Obwohl die Truppe bereits zweimal hier gespielt hat, hat sie bei mir nie wirklich einen bleibenden Eindruck hinterlassen, aber heute macht sie wirklich so richtig Laune. Ich sollte da wohl doch mal dranbleiben.


HATESPHERE
HATESPHERE ist auch so eine Band die bisher ziemlich an mir vorbeiging. Und nun stehe ich hier und muss feststellen, dass die Dänen doch deutlich besser sind, als ich immer dachte. Auch beim Dong-Publikum kommen sie gut an. Da hilft es auch ungemein, dass Sänger Esben Hansen einen Teil seiner Ansagen auf Deutsch macht – so kann man schnell Bonuspunkte sammeln. Da kommt man auch gerne der Aufforderung nach, doch bitte einen Circle Pit zu bilden. Außerdem begrüßt man auch Ersatzdrummer Sebastian, der den eigentlichen Drummer Mike Park ersetzt, der gerade mit Frau und Kind im Urlaub weilt. Esben animiert und motiviert das Publikum ohne Unterlass, das aber doch irgendwie langsamer ist als noch bei WORDS OF FAREWELL. Da fragt man sich: Sind die Zuschauer jetzt schon ausgepowert oder schlägt bei den Ruhrpöttlern das Herz für Lokalmatadoren grundsätzlich stärker? Wie auch immer, HATESPHERE ziehen ihr Ding durch und begeistern dabei nicht nur mit deutschen Sprüchen („Hau weg die Scheiße!“), sondern auch durch Zweizeiler mit fragwürdigem Reimschema in englischer Sprache: „Drink 10 beer with Hatesphere“. Dazwischen gibt es einen „Song about beer“ und schließlich hat man das Gefühl, der Sänger sehnt das Ende des Auftritts herbei: „Two more songs and then – more beer!“ Ich muss auch gestehen, dass ich gerade die neueren Songs etwas eintönig fand, aber das Publikum kommt nun langsam in Fahrt und so ist am Ende dann auch eine Wall Of Death drin, bei der es ordentlich zur Sache geht. Cooler Auftritt, der richtig Spaß gemacht hat.


ENSIFERUM
Und dann ist es auch schon Zeit für den Headliner. ENSIFERUM sind ja immer ein Garant für gute Stimmung und auch wenn ich ihren neueren Werken nicht mehr so viel abgewinnen kann, so hoffe ich ja doch auf den ein oder anderen alten Song und freue mich ehrlich auf den Auftritt der Finnen. Den ersten Dämpfer gibt es dann aber schon gleich zu Beginn. Der Sound direkt vor der Bühne ist so übel, dass man die Songs kaum erkennt und auch weiter hinten hört man vor allem Bass und die Melodien kommen nicht so wirklich an. Der Sound ist so dermaßen mies, dass ich wirklich Mühe habe, einzelne Songs zu erkennen, selbst wenn ich diese eigentlich in- und auswendig kenne. Da kommt dann auch nicht wirklich Stimmung auf, auch wenn die Band ihre typische Festivalsetlist mit allen bekannten Songs raushaut. Da fehlt weder „Token Of Time“, noch „Ahti“ oder „One More Magic Potion“ und schon gar nicht „LAI LAI HEI“. Bassist Sami Hinkka ist wie immer ein Showman allererste Güte und heizt die Menge unentwegt an. Und Netta Skog steht jetzt im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin Emmi Silvennoinen nicht mehr hinter Schild und Schwertern an den Tasten, sondern kommt mit Akkordeon bewaffnet auch mal nach vorne zum Bühnenrand um die Fans anzustacheln. Trotzdem. Auch wenn große Teile des Publikums Party machen – mir fällt es schwer eine Band abzufeiern, deren Musik nur als Matsch in meinen Ohren ankommt. Viele sehen das offensichtlich ähnlich und so leert sich das Zelt im Laufe des Auftritts zusehends. Schade. Das hätte wirklich besser laufen können.
Setlist ENSIFERUM:
From Afar
Token Of Time
Warrior Without A War
One More Magic Potion
Heathen Horde
Axe Of Judgement
Burning Leaves
Stone Cold Metal
Ahti
My Ancestor’s Blood
Two Of Spades
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In My Sword I Trust
Iron
LAI LAI HEI


Donnerstag, 13.07.2017 (Fotos: Anne)
