Dong Open Air 2017 (13.-15.07.2017, Neukirchen-Vluyn) - Freitag, 14.07.2017

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Freitag, 14.07.2017

Und dann wären wir auch schon am zweiten Festivaltag angekommen. Die meisten haben es sich in der ersten Nacht auf dem Berg richtig gegeben, so dass man beim morgendlichen Gang zu den Dixies viele zerstörte Menschen begutachten kann. Wie schon letztes Jahr genieße ich die Annehmlichkeiten, die die moderne Welt zum Dong gebracht hat – eine Dusche. Anstehen dauert dieses Jahr deutlich länger als letztes Jahr. Die nette Frau an Duschen und WC klärt uns auf: Es darf nur noch eine Person in eine Duschkabine. Zusammenduschen um Zeit zu sparen (Platz genug wäre ja in den geräumigen Kabinen) ist nicht mehr erlaubt, nachdem letztes Jahr ein Pärchen den gesamten Container leergeduscht hat (stramme Leistung!) und alle übrigen Leute vom Personal mit Eimern entseift werden mussten. Manchmal fragt man sich schon, was für arrogante und/oder nicht nachdenkende Menschen so unterwegs sind. Doch wie auch immer, ich bin bereit für einen neuen Tag auf dem Dong Open Air.

FATEFUL FINALITY
Die Männer aus dem Schwabenländle haben bereits vor 5 Jahren die Wacken Metal Battle Deutschland für sich entscheiden können. Damals fand das Finale noch nicht auf dem Dong Open Air statt, so dass die Band heute zum ersten Mal auf dem Berg spielt. Dabei verstehen es FATEFUL FINALITY, von Anfang an Stimmung zu machen. Schon während der ersten Songs werden diverse Mitsingspielchen gestartet, während die Band fröhlich vor sich hin thrasht. Es finden sich nicht ganz so viele Zuschauer vor der Bühne ein, wie gestern bei der ersten Band (Leute, was macht ihr eigentlich? Steht ihr noch an der Duschschlange? Seid ihr so verkatert? Schon mal was von Konterbier gehört?), die Stimmung im Zelt ist jedoch großartig. Ein paar – nennen wir sie gemütliche, denn betagt sind sie noch nicht – Zeitgenossen haben eine der Bierbänke vor die Bühne geschleppt, von welcher sie jetzt bequem das Geschehen auf selbiger beobachten. Und diese Bank wird nun der Mittelpunkt des Circle Pits zu „Under Pressure“ vom letzten Album „Battery“. Öfter mal was neues. Dass die Band aber „Out Of Fucking Control“ aus dem Jahr 2011 als „ganz alten Schinken“ bezeichnet, das macht mir dann schon etwas zu schaffen. Hömma, Junge, 2011, dat war grade eben erst! Und dann wird einem auch noch vorgeworfen, man hätte Dreck am Stecken, „Jeder hat Dreck am Stecken!“, als der Sänger „Dirt In The Closet“ ankündigt. Zustände sind das hier… Auf jeden Fall machen FATEFUL FINALITY aber richtig Laune am frühen Morgen, das Publikum geht auch ordentlich mit – selber Schuld wer das verpasst hat.

Setlist FATEFUL FINALITY:
-
Get Things Straight
-
Blind Eyes
Under Pressure
Out Of Fucking Control
Autonomous
Dirt In The Closet
Fox Devils Wild

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MISANTHROPE MONARCH

Eigentlich sollten ja ATOMGOTT auf diesem Slot spielen. Doch aufgrund einer Verletzung eines der Bandmitglieder mussten die Mönchengladbacher leider ziemlich kurzfristig absagen. Als Ersatz springen MISANTHROPE MONARCH aus Oberhausen ein. Die Truppe, deren Sänger eine gewisse Ähnlichkeit mit Gerre von TANKARD aufzuweisen hat, beglückt die Zuschauer mit feinstem Rumpelthrash und feiert ganz spontan ihre CD-Release-Party auf dem Dong. „Regress To The Saturnine Chapter“, das Debütalbum der Band, ist gerade vor einer Woche erschienen und so gibt es – auch mangels Alternativen – ausschließlich Songs dieses Albums zu hören. Die Zuschauerzahl im Zelt dürfte für meinen Geschmack etwas größer sein, aber diejenigen, die da sind, die machen wenigstens ordentlich Party und einen ersten Pogo kann man auch entdecken. Im Großen und Ganzen muss ich aber doch sagen, dass MINSANTHROPE MONARCH zwar ganz ok sind, auf Dauer finde ich die Band dann aber doch einen Ticken zu langweilig. Mir passiert da musikalisch einfach zu wenig, auch wenn die Truppe live doch unterhaltsam ist.

Setlist MISANTHROPE MONARCH:
Usurping The Throne
-
The Brotherhood Of Destruction
Dispelled
-
Father Sin And The Hollow Spirit
Trail Of The Heretic (Maleficium)
Cosmic Maze

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AEVERIUM

Die Viersener AEVERIUM haben das Meisterstück geschafft, zwar nur rund 40 km vom Dong Open Air entfernt zu wohnen, aber trotzdem noch nie das Festival besucht zu haben. Auch eine Leistung. Die Band wurde von der Dong-Orga besonders angepriesen und so ist man auch besonders gespannt und das Zelt ist auch gut gefüllt. AEVERIUM zeigen eine große Publikumsnähe, es wird viel mit den Zuschauern kommuniziert, fast jeder Song wird angesagt und man propagiert „Bier statt Autogramme!“. Die Setlist spannt sich über das gesamte Schaffen der Band, neben „Time“, dem Titelsong des neuen Albums, gibt es mit „Break Out“ auch den ersten Song, den die Band überhaupt geschrieben hat – allerdings ist der ja auch erst vor 2 Jahren erschienen. AEVERIUM sind also eine noch sehr junge Band, trotzdem haben sie eine tolle Bühnenpräsenz und schaffen es mit Leichtigkeit, das Publikum zum mitmachen zu bewegen. Live macht die Band wirklich Spaß, hat bei mir aber dennoch keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Setlist AEVERIUM:
-
-
Hunted
Home?
Brave New World
Time
Break Out
Heaven’s Burning (Harvest Time)

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NERVOSA

Da sind NERVOSA doch eine ganz andere Hausnummer. Bei den drei Brasilianerinnen geht es von Anfang an ordentlich zur Sache. Schnell haben sich die Mädels nicht warm- sondern heißgespielt und sie spielen genau so, wie sie heißen: schnell, nervös, hart, thrashig. NERVOSA ist das portugiesische Wort für Zorn und zornig wirkt der Dreier von Anfang an. Hier wird auf der Bühne noch alles gegeben, der Thrash Metal voll und ganz gelebt und das kommt auch beim Publikum an. Vor der Bühne bildet sich schnell ein Circle Pit, es wird gemosht, was das Zeug hält und die Brasilianerinnen werden abgefeiert als gäbe es kein Morgen. Sogar NERVOSA-Sprechchöre gibt es zwischen den Songs. Die Band sucht die Nähe zum Publikum, fast jeder einzelne Song wird angesagt. Oft gibt es auch noch eine kleine Story dazu, wie z.B. bei „Into Mosh Pit“, denn laut Sängerin Fernanda Lira gibt es nur zwei schöne Dinge im Leben: Thrash Metal und Mosh Pits. Na dann mal los. NERVOSA, die im Anschluss noch eine Europatournee absolvieren, bringen brasilianischen Thrash auf den Dongberg und können damit deutlich mehr mitreißen als ihre Landsmänner SOULFLY oder auch SEPULTURA, die auch schon hier gespielt haben. Sie klingen viel frischer und engagierter. Hut ab vor den Dreien, die haben hier die Bühne mal schön nach allen Regeln der Kunst zerlegt.

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WAR KABINETT
Da haben es WAR KABINETT gar nicht so leicht, da mitzuhalten. Dafür haben sie aber einen anderen Bonus. Denn die Mexikaner haben bereits vor 2 Jahren auf dem Dong gespielt und konnten damals viele neue Fans gewinnen. Und so ist auch jetzt das Zelt von Beginn an gut gefüllt. Die Ansagen macht Sänger Dante Díaz auf Deutsch – das erwartet man nun nicht unbedingt von einem Mexikaner. Ab dem zweiten Song holt sich die Band auch noch einen Chor auf die Bühne, der die Songs begleitet und aufwertet. Im Publikum tauchen plötzlich viele aufgeblasene Kondome auf – vielleicht die natürliche Reaktion auf die modisch etwas fragwürdigen Tarnschlafanzüge, die WAR KABINETT auf der Bühne tragen. Wie schon 2015, so machen die Mexikaner auch dieses Jahr ordentlich Laune und werden vom Publikum entsprechend abgefeiert. Der Fünfer feiert dafür seinen Chor ab. Mit „Millenial“ gibt es dann einen Song vom neuen Album zu hören, den die Band noch nie zuvor live gespielt hat, wir dürfen also eine echte Premiere erleben. Angeblich – zumindest behauptet das einer der Gitarristen - wurde der Song auch eigens fürs Dong Open Air geschrieben. Und wenn man als Mexikaner derzeit eines tun muss – man denke auch an das Festivalmotto „Weird Times Call for Rock’n’Roll“ – dann ist es, einen Song über Donald Trump zu schreiben. Und welchen anderen Namen sollte der tragen als „The Wall Of Shame“? WAR KABINETT können wie schon vor zwei Jahren voll überzeugen und hoffentlich wieder ein paar neue Fans hinzugewinnen. Wer mit der Band ein paar Worte wechseln will, der findet dazu noch reichlich Gelegenheit, denn die Band verbringt auch den Rest des Festivals auf dem Berg.

Setlist WAR KABINETT:
Et Creavit Homo Deum
Last Human Prayer
The New Dictatorship
The Great Deceiver
Blut und Boden
Millenial
The Wall Of Shame

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ACYL

Und auch bei der nächsten Band handelt es sich um eine Truppe, die nahezu unbekannt auf dem Dong spielte und sofort begeistern konnte. ACYL sind mittlerweile schon zum dritten Mal zu Gast auf der Halde Norddeutschland. Wobei ich gestehen muss, dass ich sie beim letzten Mal nicht mehr so gut wie beim ersten Mal fand. Also mal sehen, wie es heute ist. Vor der Bühne haben sich jedenfalls wieder ordentlich Leute versammelt, um die Band abzufeiern. Und die liefert von Anfang an. Fast schon verwirrend sind die häufigen Wechsel an den Instrumenten. Aber ACYL zeigen auch neues. So vollführen sie einen traditionellen Tanz der algerischen Wüstenbewohner und animieren große Teile des Publikums, es ihnen gleichzutun. So viel Tanz gab es wohl noch bei kaum einer Band auf dem Berg. Auch die Setlist lässt nichts zu wünschen übrig, und mir gefällt die Band doch wieder deutlich besser als beim letzten Mal. Allerdings finde ich es sehr schade, dass der Folkanteil zumindest auf der Bühne zunehmend zurückgefahren wird. Gerade das ist es ja, was die Band so speziell und besonders macht. Zwar ist die Truppe ansonsten ja auch gut, aber eben nur gut. Der Folk ist die Würze in der Suppe und ohne schmeckt es langweilig. Dennoch freue ich mich jedes Mal über ACYL und werde sie mir auch jedes Mal ansehen.

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CONTRADICTION

Und noch einmal heißt es alte Bekannte begrüßen. Auch CONTRADICTION haben schon mehr als einmal das Dong Open Air (dreimal, um genau zu sein). Und ich muss gestehen: Langsam finde ich’s etwas langweilig, dass hier immer die gleichen Bands spielen. Ob die übrigen Zuschauer das ähnlich sehen, weiß ich nicht. Vielleicht liegt es auch dran, dass CONTRADICTION ja aus der Gegend stammen (naja, fast) und man sie hier oft genug sehen kann. Auf jeden Fall finden deutlich weniger Leute den Weg vor die Bühne als noch bei den beiden davor spielenden Bands. Auch von Seiten der Presse gibt es scheinbar weniger Interesse, denn wir sind erstaunlich wenige Leute im Graben. CONTRADICTION sind jedoch zu professionell um sich von sowas abschrecken zu lassen. Sie ziehen kompromisslos ihr Ding durch und die Zuschauer, die da sind, machen auch ordentlich mit, so dass es eine gute Pogerei vor der Bühne gibt. Alles in allem ein guter Auftritt, aber ein Fan von CONTRADICTION werde ich in diesem Leben wohl nicht mehr.

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GOD DETHRONED

Die nächste Band stammt mal wieder aus den Niederlanden. GOD DETHRONED, die es in der Vergangenheit immer mal wieder gab und mal wieder nicht, sind derzeit mal wieder reformiert und haben sogar ein neues Album im Gepäck. Aus diesem gibt es dann so einiges auf die Ohren, unter anderem „On The Wrong Side Of The Wire“ oder „Annihilation Crusade“. Hier hat man nun das umgekehrte Problem wie zuvor CONTRADICTION. Das Zelt ist zwar gut gefüllt, dafür kommt nicht so wirklich Stimmung auf. Dabei hat mir die Band zu Beginn eigentlich ziemlich gut gefallen. Auf die Dauer ist mir die Musik dann aber doch zu gleichförmig und irgendwann wird es langweilig. Das Publikum sieht das jedoch anscheinend genau anders herum, denn gegen Ende gibt es dann sogar einen Circle Pit. Und als Sänger Henri Sattler den letzten Song, „Nihilism“, damit anpreist, dass dies ein perfekter Song für einen Circle Pit sei, da lässt man sich das nicht zweimal sagen. Da ging’s im wahrsten Sinn des Wortes ordentlich rund.

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DARK TRANQUILLITY

Und dann kommt endlich einer meiner persönlichen Favoriten auf die Bühne. Warum DARK TRANQUILLITY allerdings nicht Headliner sein dürfen, sondern vor ICED EARTH ran müssen – das will ich nicht verstehen (ich weiß natürlich, welche Gründe das haben kann, und kann es schon verstehen. Ich will aber nicht). Mit „The Lesser Faith“ hauen die Schweden schon gleich zu Beginn des Auftritts einen ihrer besten Songs raus, so dass es von Anfang an rund geht und man im Graben aufpassen muss, dass man keinen Crowdsurfer an den Hinterkopf bekommt. Doch es kommt noch besser. Wie sollte es auch anders sein. Der Fünfer hat ja mittlerweile so viele Hits in seinem Fundus, dass schwer wird, zu entscheiden, welche Songs man nicht spielt. Vor allem, wenn der Auftritt so kurz ist wie heute Abend. „The Science Of Noise“, „The Treason Wall“, ein Kracher nach dem anderen wird rausgehauen. Und am Schluss gibt es dann noch „The Wonders At Your Feet“, „Monochromatic Stains“ und zum Höhepunkt „Misery’s Crown“. Wer da noch keine Nackenschmerzen hat, dem ist auch nicht mehr zu helfen. DARK TRANQUILLITY waren, wie immer eigentlich, eine Macht und es macht einfach nur Laune, diese Band live zu erleben.

Setlist DARK TRANQUILLITY:
Force Of Hand
The Lesser Faith
Atoma
The Science Of Noise
The Treason Wall
Forward Momentum
Terminus (Where Death Is Most Alive)
The Wonders At Your Feet
Monochromatic Stains
Misery’s Crown

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ICED EARTH

Und obwohl ich DARK TRANQUILLITY gerne als Headliner gesehen hätte, sind ICED EARTH natürlich der Höhepunkt des Tages. Seit ihrem letzten Auftritt auf dem Berg ist die Band ja quasi runderneuert, so dass nur Jon Schaffer und Brent Smedley bereits hier gespielt haben. Damals, 2011, beim hochemotionalen Abschiedskonzert von Matt Barlow, bei dem die Amerikaner so gut waren, dass ich sie mir eigentlich nie wieder ansehen wollte, um mir dieses Bild nicht zu zerstören. Hab‘ ich natürlich nicht durchgehalten, denn Stu Block konnte mich sofort überzeugen. Mit den anderen neuen Mitgliedern, die anscheinend bevorzugt aus ehemaligen Supportacts rekrutiert werden, habe ich da schon eher Gewöhnungsprobleme. Aber immerhin ist Brent Smedley wieder am Start. Die Band legt gleich mal mit einem Song vom aktuellen Album, das mich allerdings nicht gerade von den Socken gehauen hat, los, bevor man dann ein paar Klassiker raushaut. „Burning Times“ und „Pure Evil“ bringen das Zelt instant zum kochen, von Anfang an sind Massen an Crowdsurfern unterwegs und mitsingen kann diese Songs sowieso jeder. Aber ICED EARTH haben beim Dong-Publikum wohl sowieso einen Stein im Brett und werden von der ersten bis zur letzten Minute abgefeiert. Aber was willste bei Songs wie „Dystopia“ oder „My Own Savior“ auch anderes machen? Fast schon traditionell endet der Auftritt mit „Watching Over Me“, das vom kompletten Zelt mitgesungen wird. Und damit ist der Aufritt auch viel zu früh zu Ende. Mal ehrlich, das war wirklich etwas kurz. Eine Band, die dermaßen abgefeiert wird, dürfte gerne auch noch eine gute Zugabe spielen.

Setlist ICED EARTH:
Great Heathen Army
Burning Times
Pure Evil
Vengeance Is Mine
Seven Headed Whore
I Died For You
V
Cthulhu
Slave To The Dark
My Own Savior
Dystopia
Watching Over Me

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