
Die Ausgangssituation für ELEVENER ist da bedeutend schlechter. Ein Duo aus, seien wir ehrlich, bislang nicht gerade sehr erfolgreichen Musikern, namentlich Johan Bergquist (M.ILL.ION, Ex-SCENARIO) und Andreas Brodén (keine Ahnung, wo er bislang seine Spuren hinterlassen hat), lässt nicht gerade aufhorchen; ganz im Gegenteil, dieser Umstand lässt eher eines dieser unnötigen Projekte hinter ELEVENER vermuten, die den Markt mit schlecht produzierten Scheiben mit nervigen Computerdrums überschwemmen.
Doch bereits die Tatsache, dass sich mit Tobias Lindell ein Meister seines Faches für die Produktion verantwortlich zeichnet, der bereits der aktuellen großartigen M.ILL.ION Platte (Review dazu gibt's hier) einen formidablen Sound beschert hat, lässt die schlimmsten Befürchtungen schwinden. Und in der Tat: Den Sound von „When Kaleidoscopes Collide“ kann man für den AOR-Bereich durchaus als „state of the art“ bezeichnen.
Und auch sonst stimmt überraschend viel auf dem Debüt der Schweden mit dem etwas dämlichen Bandnamen. Was ELEVENER auf den ersten 5 Songs abziehen, gehört mit zum Besten, was ich in Sachen AOR in letzter Zeit auf die Ohren bekommen habe. Songs wie der locker flockige Opener „This Heart Of Mine“ oder das etwas heftiger rockende „Say If You Want“ sind Paradebeispiele für tolle Rocksongs. Und auch bei „Shooting Star“, der kraftvollen Halbballade „I Still Remember“ und der Träumernummer „A Thousand Girls“ (oh jaa) gibt’s nicht im Geringsten was auszusetzen. Allesamt Songs, die bereits beim ersten Hören Spaß machen, und beim zehnten Mal noch mehr. Hooklines en masse, AOR in Perfektion sozusagen!
Und auch am Gesang von Johan Bergquist lässt sich wenig aussetzen. Natürlich ist er kein Meistersänger, dafür passt seine unaufdringlich angenehme Stimme super zu den Songs. Zeichnet sich Johan Bergquist als Sänger und Keyboarder eher für den „weichen“ Teil des Albums verantwortlich, so sorgt Andreas Brodén, der Mann an Klampfe und Schlagzeug, für den nötigen Druck; und das gekonnt.
Und als ich mir verwundert die Augen reibe, ob der bisherigen Klasse von „When Kaleidoscopes Collide“ kommt so langsam etwas Sand ins Getriebe. Mit „All I Did“ und „Her Eyes“ gönnt man sich leider zwischendurch eine kleine Auszeit. Insgesamt setzt die Band in der zweiten Hälfte vom Songwriting her irgendwie zu sehr auf Nummer Sicherheit und driftet ab und an in zu kitschiges Fahrwasser. Allen voran bei „Waking Up Without You“, das einfach zu herzschmerzmäßig rüberkommt. Die wahrlich großen Momente kommen nur noch seltener zum Einsatz. Wenn AOR Songs selbst nach dem fünften Umlauf noch nicht zünden wollen, dann ist etwas faul.
Aber ich werfe lieber wieder einen Blick auf die positiven Seiten von „When Kaleidoscopes Collide“ die deutlich die Überhand haben. „All Of My Life“ hätte auch auf der aktuellen ASIA Scheibe eine gute Figur abgegeben. In den Achtzigern wäre ein solcher Song mit Sicherheit ein Dauerbrenner fürs Radio gewesen, aber die Zeiten haben sich diesbezüglich nun mal geändert. Und mit dem fröhlich-bombastischen „There She Goes“ hat man noch einen überzeugenden Rausschmneißer in petto.
Überzeugte Metaller werden jetzt sicher meckern, dass „When Kaleidoscopes Collide“ zu soft geraten ist, doch gerade diese Ausrichtung passt perfekt zum Ziel der Band, Songs zu schreiben, „als hätte es die Neunziger nie gegeben.“
Es ist mir zwar ein Rätsel, wie die Band die Songs auf die Bühne bringen möchte, das soll aber nicht mein Problem sein; ich werfe lieber noch mal „When Kaleidoscopes Collide“ in den Player, ein Scheibchen, für das beide Daumen eindeutig nach oben gehen; in Punkten ausgedrückt macht das eine verdiente 8,5.
Interessierte können, nein sollten (!), mal auf der Myspace Seite der Band (www.myspace.com/elevenelevenagain) ein Ohr riskieren, auch wenn man dort unverständlicherweise die Perlen des Debütalbums versteckt hält. Aber das ist nur ein Kaufargument mehr. (Maik)
Bewertung: 8,5 / 10
Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 51:39 min
Label: AOR Heaven
Veröffentlichungsdatum: 26.07.2008