Der Name Michael Bormann ist nicht nur in der Rockszene ein Begriff, in der sich der Deutsche als Frontfigur von JADED HEART einen Namen machte. Dem geneigten weniger in der Musikszene aktiven Hörer dürfte er eher aus der Sound-Mix-Show von RTL bekannt sein. Bei diesem Vorläufer der heutigen Casting-Shows lieferte er sich sowohl im Vorkampf als auch im Finale ein Duell mit Bianca Schomburg. Am Ende hatte die kleine Dame die Nase vorne, weil sie so herzerweichend-süß Celine Dion interpretierte und damit etwas besser als seine BON JOVI-Nummer ankam. Zum Dank durfte sie auch eine Runde beim Grand Prix Eurovision ablosen, obwohl böse Zungen behaupten, dass Deutschland mittlerweile über Rang 18 froh wäre. Bormann hingegen konzentierte sich in der Folgezeit auf seine eigene Formation, von der er sich 2005 trennte. Jetzt steht mit "Capture the Moment" sein drittes Soloalbum in den Läden. Und dieser Dreher stellt im wahrsten Sinne des Wortes einen Alleingang dar, denn MICHAEL BORMANN schrieb bis auf „Go going gone" alle Titel selbst, spielte fast alle Gitarren und Bässe ein, übernahm natürlich den Leadgesang, betätigte das Schlagzeug, steuerte ein paar Keyboards bei und war Engineer, Produzent und Mixer in Personalunion. Nur bei ein paar Songs arbeitete er „with a little Help from my friends".
Die meisten Tasten spielten Chris Ivo und Eric Ragno ein, die Soli überließ er meistens Andreas Rippelmeyer, bei zwei Liedern werkelte der schwedische Gitarrenheld Tommy Denander mit und bei „Glory & Pain" waren Mitglieder von EDENBRIDGE mit von der Partie.
Nun bin ich ja kein Fan von Eigenproduktionen, da meiner Meinung nach ein externer Produzent mehr Abstand zu den Songs besitzt. Auch JADED HEART gaben mir bisher nicht viel, zu lahm waren deren Arrangements, die Songs hatten kein Feuer. Doch irgendwie ist auf der Scheibe alles etwas anders, denn „Capture the Moment" raucht ohne Unterlaß. Und das nicht nur wegen der typischen Rockstimme des Masterminds, nein, vielmehr sind die Songs dafür verantwortlich.
Diese bringen zwar keine Innovationen, aber man muss dem Herrn zugestehen, dass er seinen Weg konsequent verfolgt. Melodischer Hardrock irgendwo im Fahrwasser einheimischer Acts (BONFIRE , PINK CREAM 69) oder Formationen aus den Nachbarländern wie der Schweiz (GOTTHARD) oder Dänemark (PRETTY MAIDS) wird hier geboten. Und das verdammt gut und abwechslungsreich.
Schon zu Beginn rocken und grooven die Stücke schön nach vorne wie „Friends of a Lifetime" oder das pumpende „Come take me higher". MICHAEL BORMANN beweist einmal mehr warum er mit seiner BON JOVI - Interpretation so gut ankam, seine stimmlichen Fähigkeiten stehen denen des US-Beaus in nichts nach. Dazu knallt der Rhythmus ordentlich und lässt die tollen Refrains gut zur Geltung kommen.
Klar kommt er dem Kitsch dabei ein paar mal sehr nahe wie etwa bei der Piano-Ballade „Love is Magic", doch diese Klippen kann er im letzten Moment noch gekonnt umschiffen. Ein richtiges Lehrstück der ruhigeren Gangart ist hingegen „I wanna hear your Voice".
Doch trotz der recht traditionellen Ausrichtung lässt sich der Fronter etwas einfallen um das Ganze interessanter und auch moderner zu gestalten. So wird der Rhythmus ein paar mal von der Elektronik unterstützt ohne den Charakter des Songs zu verändern. Im Opener „When Push comes to Shove" kommen ein paar dezente Synthie-Orchestrierungen zum Zuge, wie man sie so ähnlich von der letzten BRAINSTORM her kennt. „Live your Life" zitiert den Blues und die Key-Fanfaren von „For just a little While" bringen die Nummer sofort ins Ohr.
Das größte Plus ist allerdings, dass es gelingt den Titeln durch den Wechsel von ruhigen und rockigen Passagen, die sehr gut ieinander gleiten eine gewisse Dynamik und Atmosphäre zu verpassen. Verstärkt wird das durch den druckvollen und wuchtigen Sound.
Auch wenn das Album wenig Neues bietet, so schafft dies es doch alles frisch klingen zu lassen. Für jemand, der auch schon lange im Geschäft ist eine tolle Leistung. Und wenn man bedenkt, dass dieses Genre nicht mehr zu den umsatzstärksten gehört, dann kann man auch die Entscheidung des Alleingangs verstehen, denn so bleibt am Ende noch etwas hängen, von dem man sich ernähren kann. Fans von europäischem Hardrock mit leichtem Stadionrock-Einschlag können hier auf alle Fälle zugreifen, denn „Capture the Moment" gehört zu den besten Alben der letzten zwei, drei Jahre, die in diesem Sektor erschienen sind. (MetalPfälzer)
Bewertung: 8 / 10
Anzahl der Songs: 14
Spielzeit: 61:47 min
Label: AOR Heaven
Veröffentlichungstermin: 23.05.2008
