HEILUNG sind nicht wie andere Bands, und das in vielerlei Hinsicht. Das fängt schon bei den Tourdaten an, die nicht so stressig wie bei anderen Gruppen sind. Am auffälligsten ist jedoch die im Vergleich zu „normalen“ Konzerten ganz andere Atmosphäre, die während ihrer Shows herrscht. Und die sie selbst deshalb auch gar nicht als Konzerte, sondern als Rituale bezeichnen. Schon gleich beim Betreten des großen Saals der Rockhal hat man das Gefühl, ein bisschen in eine andere Welt einzutauchen. Störend ist da nur die aufgebaute Tribüne, die wohl für ein anderes Konzert und nicht zugänglich ist. Es ist auffallend still, man hört das Zwitschern von Vögeln, erste Naturdeko ist auszumachen und an die Wände werden mystische Symbole projiziert. Die Zuschauer passen sich an, auch sie sind viel leiser, als das ansonsten vor Metalkonzerten der Fall ist.
EIVØR
Eröffnet wird der Abend von der färöischen Künstlerin EIVØR. Zwei Tage zuvor in Zürich musste sie ihren Auftritt noch krankheitsbedingt absagen, weil sie sich eine üble Erkältung eingefangen hatte und ihr der Arzt dringend davon abriet zu singen. Heute tritt sie wieder auf, ganz wiederhergestellt ist sie jedoch nicht. Wie üblich beginnt die Show mit dem sphärischen „Jarðartrá“ und hier merkt man ihr noch wenig an, ebenso beim heftigen „Salt“ direkt im Anschluss, das richtig gut Stimmung macht und bei dem auch ihre Bandmitglieder gut in Szene gesetzt werden. Mit „Hymn 49“ gibt es dann einen Song, der aus dem Soundtrack zur Serie „The Last Kingdom“ stammt, den sie ja auch geschrieben hat – es gibt denke ich eine große Überschneidung zwischen Fans dieser Serie und HEILUNG, von daher passt das perfekt. Mit Ansagen hält sie sich heute etwas zurück, man merkt, dass sie ihre Stimme noch schonen muss. Auch die Songauswahl ist eher auf eine angeschlagene Stimme ausgelegt. Mit „Enn“ und „Gullspunnin“ gibt es zwei weitere eher zarte Songs, die ich heute Abend unter normalen Umständen nicht unbedingt erwartet hätte. An einem Stück kommt EIVØR jedoch nicht vorbei und das ist „Trøllabundin“. Mir tun die Stimmbänder schon weh, wenn ich nur daran denke, was sie gleich noch singen muss. Denn Kehlkopfgesang mit Erkältung ist sicher nicht angenehm. So ist „Trøllabundin“ auch das Stück, bei dem man ihr deutlich anmerkt, wie angeschlagen ihre Stimme ist und man auch merkt, wie schwer es ihr fällt, das Stück auch nur annähernd so zu singen, wie es eigentlich klingen sollte. Offenbar hat sie das so viel Energie gekostet, dass es nicht einmal die sonst obligatorische Verabschiedung der gesamten Band gibt. Immerhin hat sie jetzt ein paar Tage Zeit, um sich vollständig zu erholen. Gute Besserung!
Setlist EIVØR:
Jarðartrá
Salt
Hymn 49
Enn
Gullspunnin
Trøllabundin
HEILUNG
Danach wird es dann wieder mystisch, Vogelgesang erklingt, der Saal wird in sanftes Licht getaucht, die Bühne wird mit einem Vorhang verdeckt und dahinter die opulente Naturdeko aufgebaut, die aus zahlreichen echten Pflanzen besteht. Schade finde ich dabei, dass man bei der Deko, sowohl von Bühne als auch Menschen, Pflanzen wie Thuja, Forsythien und Kirschlorbeer nutzt, alles invasive Pflanzenarten, die es zu den Zeiten, auf die die Band sich beruft, in Europa noch gar nicht gab. Warum greift man nicht auf heimische Alternativen zurück, wenn man sich doch so naturverbunden gibt? Es gibt ja genügend, z.B. die ohnehin mystisch besetzten Wacholder und Mistel, aber auch anderes. Ich muss sagen, ich bin botanisch etwas enttäuscht von dieser Bühnendeko. Na ja, den meisten dürfte das ohnehin nicht auffallen, schon gar nicht, wenn man weiter hinten steht. Als der Vorhang fällt, brandet Jubel auf und die Eröffnungszeremonie beginnt, bei der sich nach und nach alle Mitglieder auf der Bühne einfinden und diverse Rituale abgehalten werden. Mir persönlich ist das einfach zu spirituell angehaucht, ich kann damit nix anfangen. Genauso wenig kann ich mit dem verwendeten Weihrauch anfangen – denn von Weihrauch wird mir schlecht. Zum Glück heute nicht, denn das wäre etwas doof gewesen. Und nachdem die Eröffnungszeremonie vorbei ist, ist auch der Weihrauch überstanden. Die Band kommuniziert nicht direkt mit dem Publikum, es gibt keine Ansagen und das ganze ähnelt damit in der Tat eher einem Ritual oder einer Messe. Die Fans stört das natürlich nicht, weiter hinten, wo mehr Platz ist, wird auch ausdauernd getanzt und der ein oder andere wirkt tatsächlich ein wenig in Trance.
Rein optisch sind Shows von HEILUNG natürlich etwas wunderbares, hier wird einfach ständig etwas fürs Auge geboten. Permanent wechselnde Besetzungen auf der Bühne, unterschiedliche, interessante Instrumente, aufwendige und liebevoll gestaltete Dekorationen, Kleidung und Accessoires, dazu noch eine Art Schauspiel mit teilweise gar nicht so einfacher Choreografie. Ein Konzert im eigentlichen Sinne ist das wirklich nicht, es erinnert viel mehr an ein Musical, bei dem singend eine Geschichte erzählt wird. Und ich muss sagen, als ich HEILUNG zum ersten Mal sah, da war es mir irgendwann einfach zu viel, ich habe diese Trommelrhythmen irgendwann einfach nicht mehr ertragen. Heute ist das nicht so. Es ist zwar nicht meine Musik und ich würde mir die Band auch nie zu Hause anhören, aber es ist doch eine beeindruckende Show in – ja – Ritualform. Auch musikalisch kann die Band überzeugen, allen voran Sängerin Maria Franz, die mit ihrer Stimme unglaubliches vollbringt und immer wieder an den traditionellen nordischen Herdenrufgesang erinnert. Also, ein Fan der Band werde ich wohl nicht mehr, aber ich kann durchaus anerkennen, dass hier äußerst fähige Musiker stehen, die wissen, was sie tun. So, wie das Konzert mit einer Eröffnungszeremonie begonnen wurde, so gibt es am Ende auch eine Abschlusszeremonie, zu der noch einmal alle Musiker und Darsteller auf die Bühne kommen und einen wilden Tanz aufführen. Und ganz zum Schluss werden dann doch noch zwei kurze Worte an das Publikum gerichtet „Danke! Merci!“ So war es doch ein toller Konzertabend, von dem man zufrieden und voller Eindrücke nach Hause fahren kann. (Anne)
Setlist HEILUNG:
Eröffnungszeremonie
In Maidjan
Norupo
Alfadhirhaiti
Asja
Svanrand
Urbani
Tenet
Othan
Anoana
Nikkal
Elddansurin
Hamrer Hippyer
Abschlusszeremonie
Heilung + Eivør (Fotos: Anne)































































