Ivory Tower - IV

IvoryTower - IVDie Kieler Band IVORY TOWER gehörte um die Jahrtausendwende zu den besten deutschen Prog Bands und nach dem starken Debütalbum „Ivory Tower“ (1998) und dem noch stärkeren Nachfolger „Beyond The Stars“ (2000) schien der Band eine rosige Zukunft bevor zu stehen. Doch wie das Leben so spielt kam nach Tourneen und Auftritten mit GAMMA RAY, FATES WARNING und MOTÖRHEAD alles anders. Man trennte sich vom Label LMP, das zu dieser Zeit vor allem wegen RHAPSODY gut im Geschäft war, das Besetzungskarusell drehte sich und IVORY TOWER verschwanden lange acht Jahre in der Versenkung. 2008 versuchte man mit dem Konzeptalbum „Subjective Enemy“ ein Comeback, von dem nur Insider mitbekommen haben dürften. Immerhin scheint der norddeutsche Vierer dadurch wieder in die Spur zurückgekehrt zu sein, denn inzwischen liegt ein weiteres neues Studioalbum vor, das schlicht „IV“ heißt.

Überfordert dürfte mit diesem Titel niemand sein, dafür überfordern IVORY TOWER mit ihrem neuen Rundling den Rezensenten, und das ausdrücklich nicht, weil die „Kielerbande“ hier einen Frickelpart nach dem anderen loslässt, sondern ganz genau das Gegenteil ist der Fall. Ich hatte eine Prog Platte erwartet und bekomme eine straighte moderne Rockplatte vorgesetzt, das ist wie an Weihnachten, wenn man als Sechsjähriger nur doofe Klamotten geschenkt bekommt.

Wenigstens haben IVORY TOWER ihr Talent zum Songschreiben nicht verloren, denn gerade zu Beginn ist „IV“ bei den sehr eingängigen Songs „Rape Of Time“, „Expelled From Heaven“ (mit miesem Core-artigen Gegröhle) und „Catatonic Sleep“ nicht von schlechten Eltern. Das Hörvergnügen wird allerdings deutlich eingeschränkt durch einen Sound, der vor allem im Bereich der Gitarren über Demo-Niveau nicht hinauskommt, und auch sonst den nötigen Druck vermissen lässt, den man konsequenterweise gebraucht hätte, damit düstere, moderne und für IVORY TOWER Verhältnisse auch harte Rocksongs richtig zur Geltung kommen.

Wie gesagt mit DREAM THEATER, mit denen man früher gerne verglichen wurde, hat das hier nur noch im Enferntesten etwas zu tun, und wenn dann auch nur mit deren „Train Of Thought“ Album. Wenn ich ehrlich sein darf, und das fällt mir an dieser Stelle nicht so einfach, klingt vieles auf „IV“ uninspiriert und ziellos, mal nach BRAINSTORM, mal nach RAGE, mal nach AMORPHIS und mal nach VOLBEAT, und mal nach irgndeiner nichtssagenden Kapelle und nur ganz wenig nach IVORY TOWER. Obwohl mir die ersten drei genannten Songs und später noch „Loss“ sowie „Moments Of Delight“ ganz gut gefallen, kann ich „IV“ nur mit deutlichen Einschränkungen empfehlen. Ich gebe zu, dass der Begriff „Meisterwerk“ wie er im Produktinfo fällt, dehnbar ist, aber das hier ist maximal ein „Gesellenstück“.  

IVORY TOWER scheinen das Schicksal ihrer norddeutschen Kollegen von POVERTY'S NO CRIME zu teilen, die in den letzten Jahren auch nicht mehr viel bewegt haben. Schade drum. (Maik)


Bewertung: 6 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 50:00 min
Label: Dust On The Tracks
Veröffentlichungstermin: 28.10.2011