Ein großer Steinblock. Das ist ein MEGALITH! Und ein ganz schön dicker Brocken ist auch „Gipfelstürmer“ geworden, das zweite Album der Hessen um Hyperion, ehemaliger Gitarrist einer der bekanntesten deutschen Dark/Black Metal Bands AGATHODAIMON. Und düster, nein ich sage besser negativ, ist auch die Musik von MEGALITH, die Grenzen überschreitet. Gothic-, Black-, Folk-, Heavy- und Death Metal Versatzstücke findet man in „Gipfelstürmer“ gepaart mit einer ordentlichen Portion Neuer Deutscher Härte. Zielgruppenanpassung sieht definitiv anders aus.
Doch nicht nur musikalisch beschreiten MEGALITH außergewöhnliche Wege, auch inhaltlich bewegt man sich auf Pfaden weit ab typischer Metalkost. So liefern Literaten wie Franz Kafka und Heinrich Heine oder der Indianerhäuptling Noah Seattle das lyrische Grundgerüst, auf dem „Gipfelstürmer“ aufbaut. So kann man durchaus von einem Konzeptalbum sprechen, auch wenn jeder Song eine eigene Geschichte erzählt. Avantgardistisch ist wohl das Wort, das die ganze Herangehensweise der Band am treffendsten beschreibt. Und mit dieser konnten MEGALITH bereits auf ihrem Debütalbum „Soldaten des Geistes“ aufhorchen lassen, nun geht das Sextett noch einen Schritt weiter.
Dass die Band keine halben Sachen macht und ihr alles bitterer Ernst ist, erkennt man allen voran an diesem wahnsinnigen 28 seitigen Booklet, das seines gleichen sucht, und das neben den Songtexten auch eine Sammlung von Zitaten und Erklärungen erhält, so dass man die Möglichkeit hat MEGALITH zu „verstehen“, wenn man sich denn die Mühe macht.
So viel zum Drumherum, jetzt aber mal zum Inhalt von „Gipfelstürmer“. Zum Start weg gibt’s mit „Zukunftspläne“ und „Gipfelstürmer“ zwei Songs, die man noch am ehesten in die Black-Metal Ecke stellen kann. Aufgrund der Keyboards bietet „Zukunftspläne“ eher symphonisch-epischen (Black-)Metal, der Titelsong hingegen kommt deutlich roher daher. Als Beispiel für die Neue Deutsche Härte geht „Deutsches Herz“ durch, aufgrund des tollen, klar vorgetragenen, Refrains der Hit der Platte. Aufgrund seiner provozierenden Lyrics gleichzeitig aber auch der umstrittenste Song von „Gipfelstürmer“, der MEGALITH auf den ersten Blick in die Grauzone zur Braunzone zu stecken scheint. Doch diesbezüglich kann und muss ich Entwarnung geben. Zwar provozieren MEGALITH viel und gerne, sie sind eben kompromisslos in vielerlei Hinsicht (was ich persönlich durchaus nicht unkritisch sehe), um das Terrain, das nicht mehr tragbar wäre, machen sie glücklicherweise aber einen Bogen. Wenn man sich genauer mit dem Text von „Deutsches Herz“ beschäftigt, auch bei diesem Song.
„Der einsame Jäger“ (großartig) hingegen überrascht mit einem Stil, der eher an JOACHIM WITT oder WOLFSHEIM erinnert als an eine Metalband. Wäre da nicht diese heftige Bridge, der Song könnte sogar im Radio laufen. Und so pendelt auch der Gesang zwischen harscher Aggression und melancholischen Tönen.
Das wieder heftigere „Die Geier“ schwächelt zwischendurch, doch schon bei „Wir lieben den Tod“, das mit akustischen Gitarren aufwartet, kriegen MEGALITH wieder die Kurve. Und dieses Niveau halten sie auch mit „Eines Tages“ und „Ein Traum von Ende und Anfang“.
Doch irgendwann ist der Gipfel erreicht, und der Abstieg steht zwangsläufig an. Und diese Metapher passt auch auf das zweite Album der 6 Hessen, denn im letzten Drittel der Scheibe sucht man richtig gute Songs vergeblich. Man könnte auch sagen, die erste Hälfte markiert den Aufstieg, die zweite den Abstieg.
Dafür gibt’s im „inoffiziellen“ Teil von „Gipfelstürmer“ noch eine geile Coverversion von Motörhead’s „March ör Die“ und eine akustische Version von „Trail Of Tears“ auf die Lauscher.
Wer auf leicht verdauliche Kost aus ist, dem ist zu empfehlen, einen weiten Bogen um „Gipfelstürmer“ zu machen. Wer auf der Suche nach dem Außergewöhnlichen ist, wer sich neben der Musik auch gerne in die Texte vertieft, wer kein Problem damit hat, dass man auch mehrere Metalgenres zusammenpacken kann, ja der ist mit „Gipfelstürmer“ gut beraten. (Maik)
Bewertung: 7 / 10
Anzahl der Songs: 14
Spielzeit: 53:44 min
Label: ARTicaz
Veröffentlichungsdatum: 20.06.2008