Ich habe mir lange überlegt, was ich für unseren Jahresrückblick an dieser Stelle schreiben könnte, und je länger ich darüber nachgedacht habe, desto mehr wuchs in mir die Erkenntnis, dass leider die Worte für 2020 auch für 2021 passend sind. Keine Frage, 2021 bot einige herausragende Veröffentlichungen, selbst die Großen der Szene wie IRON MAIDEN oder VOLBEAT haben objektiv betrachtet zumindest mal nicht enttäuscht. Ansonsten fühlt sich 2021 in vielerlei Hinsicht wie ein verlorenes Jahr an, die Liste der Musikerinnen und Musiker, die inzwischen Himmel oder Hölle bewohnen, wird länger und länger, und ja, es gab ein paar Konzerte und Festivals, aber so richtig Freude machte das alles nicht. Aus der in diesem Jahr beispielsweise von BOSSE besungenen wichtigen „Vorfreude“ auf Dinge wurde oftmals Enttäuschung, weil sich aus völlig nachvollziehbaren Gründen Absage an Absage und Verschiebung an Verschiebung reihte, selbst die Floskel „aller guten Dinge sind drei“ klingt in manchen Fällen inzwischen wie eine schlechte Ironie.
Trotzdem bleiben wir optimistisch, denn innere Überzeugung und Leidenschaft für etwas sind am Ende stärker als eine Pandemie und auch unser Magazin hat sich in diesem schwierigen Jahr von Rückschlägen nicht unterkriegen lassen. Lest nun, was für uns alle in diesem Jahr besonders von Bedeutung war. (Maik)
Alben des Jahres:
IOTUNN – Access All Worlds
SWALLOW THE SUN – Moonflowers
WARDRUNA – Kvitravn
FREMMAND – Wrong
HARAKIRI FOR THE SKY – Mære
ERASION – Erasion
LONG DISTANCE CALLING – Ghost
GOD IS AN ASTRONAUT – Ghost Tapes #10
POSTVORTA/RIAH – Riahpstvrt (Split)
MINDPATROL – Ikaria
GODSLAVE – Positive Aggressive
LEPROUS – Aphelion
ENDARKEN – The Plague Of Truth
ENSLAVED – Caravans To The Outer Worlds
(keine wertende Reihenfolge, außer IOTUNN und SWALLOW THE SUN, die meine absoluten Lieblingsalben des Jahres sind)
Beste Livererlebnisse:
Wenn man die Leute so hört, dann könnte man meinen, dass es überhaupt keine Konzerte mehr gäbe. Für einen großen Teil des Jahres stimmte das auch. Mein erstes Konzert 2021 war im Mai. ABER: Über den ganzen Sommer bis weit in den Herbst hinein gab es Konzerte und erstaunlicherweise sogar viele Festivals. Man musste halt hinfahren. Da hilft es auch nichts, zu Hause zu hocken und Trübsal zu blasen. So habe ich es geschafft, 2021 trotz aller Widrigkeiten so einige Shows in fünf verschiedenen Ländern zu sehen und erstmals habe ich es geschafft, auf mehr Festivals (acht) als Konzerte (vier) zu fahren.
TÝR auf dem Viking Festival
HAMRADUN auf dem Viking Festival und dem Føroyafestivalurin
HAMFERÐ auf dem heimlichen G! und dem Brainstorm Festival
IOTUNN auf dem Copenhagen Metal Fest
EIVØR in Köln und Aschaffenburg
SON OF FORTUNE auf dem heimlichen G!
LONG DISTANCE CALLING in Trier
LEPROUS in Esch-sur-Alzette
SYLVAINE auf dem Gloomaar Festival
MØL auf dem Copenhagen Metal Fest
SATURNUS auf dem Copenhagen Metal Fest
Beste Videoveröffentlichung:
wie fast jedes Jahr hab’ ich mal wieder keine einzige DVD gesehen.
Neuentdeckung 2021:
IOTUNN – Fühlt sich eigentlich nicht als „Entdeckung“ an, da ich ja quasi mit der Nase drauf gestoßen wurde und nur auf den Release gewartet habe. Hatte hohe Erwartungen und war dann doch überrascht WIE gut die Band tatsächlich ist. Also wer auf Progressive steht, sollte IOTUNN auf jeden Fall mal anchecken.
HARAKIRI FOR THE SKY – Aus irgendeinem Grund war ich immer der Meinung, dass die so komischen Nu Metal machen, der mir überhaupt nicht gefällt. Dieses Jahr dann endlich mal gemerkt, wie gut die sind und dass die mir sogar sehr gefallen. Manchmal ist man ja schon sehr dumm.
FREMMAND – schöne färöische Synthpop/Rock-Band
ENDARKEN – Richtig coole Death/Thrash-Band, die ich so gar nicht auf dem Schirm hatte, aber zum Besuch eines Konzerts genötigt und überzeugt wurde.
Enttäuschungen 2021:
Man könnte fast das gleiche wie 2020 schreiben, nur dass 2021 in gewisser Weise noch beschissener war, weil Politiker es einfach nicht hinbekommen, mit dieser Krise angemessen umzugehen. Die meisten Konzerte habe ich um Ausland gesehen – das kann Zufall sein, könnte aber auch daran liegen, dass andere Länder das Ganze besser im Griff haben. Wie auch immer – ich bin gespannt, wie lange uns Corona noch begleiten wird.
Von der Musik abgesehen war 2021 auch ein Jahr in dem verdammt viele Freunde, Bekannte oder Freunde von Freunden viel, viel zu früh aus dem Leben geschieden sind, im Herbst kamen die Todesnachrichten im Wochentakt rein. Das war schon verdammt hart.
Ich würde jetzt gerne schreiben, dass 2022 nur besser werden kann, aber ich glaube es nicht.
Besondere Ereignisse 2021:
Ich habe es geschafft, trotz Corona und entsprechender Reisebeschränkungen dreimal auf die Färöer zu reisen (davon zweimal recht spontan und ungeplant), zweimal nach Dänemark und sogar nach Paris hat es mich verschlagen. Es nervt zwar, dass man vor jedem Konzert die Einreisebestimmungen von Ländern kontrollieren muss, in die man früher ohne nachzudenken einfach gefahren ist, aber seit der Impfung ist vieles einfacher geworden.
Vorfreude auf 2022:
Ich weiß nicht. Es fällt schwer, sich auf irgendwas zu freuen, wenn man nie weiß, ob es auch tatsächlich stattfinden wird. Ich freue mich dann jetzt einfach mal auf das neue HAMFERÐ-Album, das hoffentlich im nächsten Jahr erscheinen wird. Da ist die Wahrscheinlichkeit noch am Größten, dass das auch wirklich passiert. Ansonsten - lieber nicht zu früh freuen.
Was sonst noch wichtig war 2021:
Und täglich grüßt das Murmeltier… ich kopiere hier einfach meinen Text vom letzten Jahr rein, weil er immer noch genauso stimmt:
Corona? Keine Ahnung. Neben Überstunden schieben habe ich vor allem zu Hause gesessen.
Aber alles Jammern über Corona ist eigentlich Jammern auf hohem Niveau. Immerhin geht es den meisten von uns ziemlich gut. Was man nicht gerade von denjenigen behaupten kann, die in europäischen Flüchtlingslagern in Dreck und Fäkalien dahinvegetieren oder auf dem Weg über das Mittelmeer elendig ertrinken (Ergänzung 2021: Oder an Grenzzäunen erfrieren). Eine Schande für Europa ist das. Und wenn man sich dann ansieht, wie unglaublich dämlich, arrogant und ignorant sich Menschen im Angesicht einer Pandemie, die grundsätzlich relativ einfach zu verstehen und in den Griff zu bekommen ist, verhalten, dann kann man nur sagen: Gute Nacht Kampf gegen den Klimawandel. Was bin ich froh, keine Kinder in diese Welt gesetzt zu haben. (Anne)